Jenden Thomas Riedlinger befasste sich mit der delikaten Frage, warum Fliegenpilze vornehmlich in Sibirien abgebrüht gegessen werden (nach mündlicher Überlieferung werden sie erst 30 Minuten abgekocht und dann scharf gebraten).
In "The sacred mushroom seeker, Tributes to R. Gordon Wasson", Rochester/Vermont 1997, führt Riedlinger aus: Den Menschen Sibiriens sei ohne Zweifel immer noch eine stärkere Naturverbundenheit eigen als uns Mittel- und Westeuropäern. Und damit die einerseits größere Notwendigkeit, sich der Natur(-apotheke) zu bedienen, andererseits eine niedrigere Hemmschwelle, das zu essen, was irgendwie noch gegessen werden könne.
Hinzu kämen historische Traditionen, die die Verwendung der Pilze als Speisepilze in einem weit entspannteren Verständnis ermöglichten, als das bei uns denkbar wäre.
Erst Kraft wie ein Riese, dann halbtot: Was der Fliegenpilz aus uns macht
Der Fliegenpilz: Beschreibung seiner Art und seine Bedeutung in der Dichtung
Die Heilkraft vom Fliegenpilz: Waffe gegen Pfeiffersches Drüsenfieber, den Krebs und Rheuma
Foto: Guter Verwendungszweck für Fliegen-Pilze: Karl Berchtold, passionierter Pilzsammler aus Gauting/Obb., benutzt einen von ihnen als Ablage für seine geliebte Schnupftabaksdose. Das ist viel besser, als diese Pilze zu essen.
Norbert Amelung, Universität Greifswald, gibt einen Hinweis darauf, dass es in Sibirien spezielle Vorbereitungsverfahren zur Dämpfung oder gar Beseitigung toxischer (giftiger) Stoffe in Pilzen gebe, die auf jahrhundertelanger Erfahrung beruhten.
Sie erzeugten ebenso eine Gelassenheit im Umgang mit für uns Europäer kritischen Pilzen wie auch diverse Konservierungsverfahren. Dazu zählten das Einsalzen, Silieren (Säuern) und Marinieren; Praktiken, die bei uns allenfalls noch vereinzelt ausgeübt werden. Auch gäbe es für Milchlinge, Täublinge und Reizker je nach Schärfegrad und Bitterstoffgehalt erprobte, unterschiedlich lange Wässerungszeiten.
Generell,
so Amelung, würden sibirische Kinder Fliegenpilze grundsätzlich als
"Giftpilze" kennenlernen. Und ihr Verzehr sei auch in Sibirien
keineswegs verbreitet, sondern eher die wirkliche Ausnahme und
rückläufig. Entgegen landläufiger Meinung in Mitteleuropa würden giftige
Pilze in Sibirien nicht vorsätzlich verzehrt (Norbert Amelung, Pilze in
Westsibirien – eine Kostprobe, Greifswald/Helmshagen).
Es soll während der Sowjet-Besatzung und zu Zeiten der DDR zu etlichen, recht gleichmütig hingenommenen, gleichwohl streng geheim gehaltenen Todesfällen durch Pilze im sowjetrussischen Lager gekommen sein. Inwieweit Fliegen-Pilze im Spiel waren, ist kaum mehr rekonstruierbar.
In Japan und Frankreich macht man sich bis heute - angeblich! - die Gift dämpfenden Verfahren aus Russland zunutze und isst diese Pilze. In Deutschland wurden sie nach dem Krieg um Hamburg als Fliegenpilz-Suppe sowie in einigen Alpenregionen (als Vorspeise mit Pfeffer und Salz, Essig und Öl) gegessen.
»Zum Verzehr wurden die Pilze im vorherigen Jahrhundert getrocknet, dann für 12 bis 13 Wochen in Salzlake eingelegt und danach mehrfach gewässert; die wasserlöslichen psychoaktiven Wirktstoffe blieben in der Lake zurück.«
Rita u. Frank Lüder, Pilze zum Genießen, Neustadt a. Rbge. 2013, S. 205
Wichtig in diesem Zusammenhang ist die Erwähnung, dass die Giftpotenzierung - die Umwandlung von Ibotensäure in Muscimol mit Verfünffachung des Giftgehaltes
- auch beim Erhitzungsprozess abläuft. Die Gifte vom Fliegenpilz sind
hitzeresistent - und gelangen bei Verzehr ungehindert in den
menschlichen Organismus.
Vom Verzehr von Fliegenpilzen ist deshalb strikt abzuraten.
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Trockene Wälder, wochenlang kaum oder gar keine Pilze... Das muss nicht sein! Mit der vorzüglichen Pilzbrut von Hawlik hat das ein Ende. Wie wäre es zum Beispiel mit köstlichen Limonenpilzen?
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