In Erinnerung an Dieter Sdun (✝)
Wie oft grüßen ihn hier früh morgens in aller Freundlichkeit ein, zwei Steinpilze. Der Wald döst noch im halb nächtlichen Grau, der Mann ist gerade erst dabei, seine Schritte und Gedanken für den heraufziehenden Tag zu ordnen...
...und plötzlich stehen auf dem Sand- und Lehmweg ein, zwei Pilzprotze
stramm: der Bauch von wilhelminischer Prachtbeleibtheit, der Hut wie
derb gepolstert. Welch eine Begegnung. Guten Morgen, Herr Sdun!
Sommersteinpiilze (Boletus aestivalis)!
Von Ende Mai bis in den September hinein sind sie hier fast eine
Wegwarte. Untrennbar scheinen sie mit dem Sand- und Lehmweg verbunden.
Und das seit Jahrzehnten.
Foto: Da haut's einen doch glatt um: Dieter Sdun mit riesigen
Steinpilzen im Staatsforst von Ziegelroda. An jenem Fundtag konnte er
bei weitem nicht alles nach Hause tragen, was er an Steinpilzen vorfand.
Diese Verbundenheit hat Dieter Sdun aus Dornstedt bei Querfurt in Sachsen-Anhalt mit ihnen gemeinsam. Denn: »Dieser Weg ist das schönste Stück im riesigen Staatsforst von Ziegelroda. Ich liebe ihn über alles.
Seinen sandig-lehmigen Boden. Die Gehölze und Jungbäume auf der einen und die alten, ehrwürdigen Buchen und Eichen auf der anderen Seite. Und wenn dann hier und da auch noch eine Rotkappe aus den Rändern hervorflackert...«
Alles rund um den Steinpilz
Teil II der Lebensgeschichte von Dieter Sdun
Erstmalig Steinpilze finden - aber wie?
Steinpilze trocknen - auf dreierlei Art
Wie Du sie zu köstlichen Pilz-Chips einfrierst
Der Steinpilz zählt zu den besten Würzpilzen
Über das Heilpotential, die Nährstoffe und den Duft vom Steinpilz
Steinpilz-Küche
Bitte keinen Knoblauch! Die 3 Regeln für Steinpilz-Gerichte
Köstliche einfache Steinpilzgerichte
Rezept für eine leckere Steinpilzpastete
Dann kann sich
Dieter Sdun freuen wie ein Kind. Bei jedem Waldgang gibt er hier mit
fast immer den gleichen Worten seine Liebeserklärung ab. Über seinen »Lehmweg«, wie er die vielleicht schönste Verbindung seines Lebens
nennt, erreicht er seine Pilzreviere.
Allerdings, es war wohl
2005, brachen Monster herein. Schwere, stählerne Fressmaschinen. In
wenigen Minuten vertilgten sie Bäume, die weit über 100 Lebensjahre für
ihr würdevolles Aussehen gebraucht hatten. Und als ob das nicht schon
genug gewesen wäre, rollten in ihrem Gefolge weitere Stahlgeschwister
an.
Die gingen dem Lehmweg selbst an den Kragen. Genauer gesagt
dem Grünstreifen linker Hand bergan. Genau dort wurde nämlich durch den »Naturpark Saale-Unstrut-Triasland«, wie er heißt, eine Erdgas-Pipeline
gelegt. Ausgerechnet auf der Seite, die immer so zuverlässig die
herrlichen Rotkappen hervorgebracht hatte.
Foto rechts: Ein Korb voller Steinpilze und Rotkappen: So kehrt Dieter Sdun oftmals aus seinen Pilzrevieren zurück. Einen Großteil der Pilze verschenkt der pensionierte Lehrer für Russisch und Sport in der Nachbarschaft.
Über diese trostlose Pforte, die mehr an ein Industrieareal erinnert, erreicht Dieter Sdun jetzt seine Pilzreviere in dem 8400 Hektar großen Staatsforst Ziegelroda. Der hat einen Laubbaumanteil von 83 Prozent, darunter 49(!) Prozent Eichen.
Dieter Sduns Reviere sind vor allem weitläufige Buchenhallen. In die starken Rotbuchenbestände mischen sich voller Selbstbewusstsein teils uralte Traubeneichen, Hainbuchen, Winterlinden, Feldahorn, Ebereschen und Birken. Fast alle sind sie starke, strotzende Bäume jenseits der 100 Jahre.
Dazu gibt es einen engen Weg, in dem die Lärchen zu beiden Seiten freundlichst paradieren. Und eine Eichenplantage mit 20, 25 Jahre alten Bäumen. Und, natürlich, eine Fichtenschonung. Und als Zugabe Graswege mit südwestlicher Sonne. Sie alle sind lockende und lohnenswerte Ziele. Das ist sein Revier. Um es genau zu sagen: Sein Leben.
Foto: Strammer Max unter einer Eiche: Seit vielen Jahren stößt Dieter Sdun in seinen Pilzrevieren auf solche Prachtexemplare. Hüte in dieser zerklüfteten, reliefartigen Form sieht man eher selten.
Auch in diesen ehrwürdigen Beständen haben die stählernen Fressmaschinen so manchen schönen alten Baum verschwinden lassen und die Ränder gelichtet. Alte Haudegen von Pilzsammlern wissen, wie das ist, wenn der Wald durch menschlichen Eingriff verändert wird. Stets wirft das die bange Frage auf, ob damit das Pilzmyzel nicht zerstört wird und in der Konsequenz die Pilze nicht ausbleiben.
Was hat er sich hier vor Pilzlasten schon lange Arme geholt. Denn es sind traumhafte Steinpilzwälder. Und das Charakteristische sind die völlig unterschiedlichen Milieus, in denen der Steinpilz sich hier auswachsen kann.
Foto rechts: Eine wahre Pracht! Dieter Sdun hat einmal mehr herrliche Ernte gemacht. Klar, dass er jeden einzelnen Pilz gründlich vorgeputzt in den Korb legt.
Es begann, manchmal schon Ende Mai, zuverlässig mit den
Sommersteinpilzen an seinem Lehmweg. Hier wachsen sie immer mit den Birkenrotkappen um die Wette.
Boletus aestivalis, also der
Sommersteinpilz, gedeiht nach seinem Eindruck gerne dort, wo sich alte,
gestandene Hainbuchen unter Rotbuchen mischen. Manchmal ist auch eine
Eiche mit im Spiel. Zwei Mal hat er an einer solchen Stelle auch den
Bronzeröhrling (Boletus aereus) gefunden.
Boletus
edulis, der Fichtensteinpilz, macht ihm an ganz unterschiedlichen Plätzen die Aufwartung. »Im
Buchenhochwald sieht man die großen manchmal schon aus zig Metern
Entfernung«, sagt Dieter Sdun. »Und dann muss man drum herum alles gut
absuchen.« 30, 40 weitere hat er schon oft im näheren Umkreis gefunden.
Manchmal gar über 60.
Dann ist da das Fichtenwäldchen.
Herrenpilze aus der Monokultur also. Auch die gibt es für gewöhnlich
üppig.
Foto links: Dieter Sdun mit Steinpilzen und einer Rotkappe an seinem Lieblingsweg. Das Gemisch aus Sand und Lehm im Zusammenspiel mit alten Rot- und Hainbuchen ist ideal für Röhrenpilze.
Angrenzend im Wäldchen der Jungeichen beginnt der Steinpilz ebenfalls Fuss zu fassen. Von hier aus marschiert Dieter Sdun weiter, immer durch den Hochwald, bis hin zu idyllischen Graswegen. Herrliche Exemplare findet er hier, manchmal mitten auf dem Weg.
Dieter Sdun ist pensionierter Mittelschullehrer. Das mag erklären, dass er sich mit Pilzaufkommen seit langem über das gewöhnliche Maß hinaus befasst. So hat er herausgefunden, dass ergiebiger, nicht zu kalter Dauerregen im zeitigen Frühjahr maßgeblich für gutes (Stein-)Pilzaufkommen im Herbst ist.
Es sind also nicht nur die tagesaktuellen Sommer- und Herbstschauer, die üblicherweise als einleitend für eine Pilzschwemme erachtet werden!
Und da haben es die Pilze im Staatsforst von Ziegelroda nicht ganz leicht. Denn dieser Wald liegt im Regenschatten des Harzes; er gehört zu den niederschlagsärmsten Wäldern Deutschlands überhaupt.
Foto links: Auch das ist Dieter Sdun: Freundlich zeigt er einem Mädchen aus der Nachbarschaft seinen stattlichen Fund. Die Kinder kommen oft angelaufen, wenn er mit seinem Auto aus dem Wald zurückkommt.
Und Dieter Sdun hat noch etwas anderes herausgefunden: Wenn ergiebige warme Regenschauer auf mindestens zweiwöchige, besser noch länger anhaltende hochsommerliche Temperaturen - möglichst über 30 Grad - folgen, »explodiert« das Steinpilzaufkommen regelrecht.
Seit vier Jahrzehnten hält Dieter Sdun nach jedem Pilzgang jeden gefundenen Pilz protokollarisch fest. So hat er einen dokumentarischen Überblick zu Jahrzehnten Pilzaufkommen im Forst von Ziegelroda.
Was wie ein schnöder Zeitvertreib anmutet, erweist sich bei näherem Hinsehen als aufschlussreiche Lektüre. So brachte das Pilzjahr 2000 mit späten(!) Frühjahrsschauern einen Rekordspätherbst.
Foto links: Auch eine Nachbarin ist herbeigekommen und bestaunt die Theke der Steinpilze. Dieter Sdun hat seine Lieblingspilze auf einem Bretterstapel ausgebreitet. Gleich wird er mit dem Putzen beginnen...
»Da habe ich vom 1. November bis zum 9. Dezember gut drei Zentner Steinpilze gefunden. Das Laub war runter von den Bäumen, kein Mensch war mehr im Wald. Die letzten drei Steinpilze fand ich noch am 9. Dezember. Diese Wochen waren ein einziges Fest. Viele Pilze habe ich verschenkt, den Rest getrocknet. Es war ein kurioses, ein unvergessliches Jahr.«
Ihm gegenüber fiel die Pilzernte der vergangenen Jahre dürftig aus. Die extreme Trockenheit scheint mehr und mehr zum Dauerthema für den Staatsforst Ziegelroda zu werden. Und der Eingriff mit den schweren Maschinen, den so genannten Vollerntern, war gewiss nicht förderlich für das Wachstum seiner geliebten Steinpilze.
Zurück von "Das Paradies..." zu Passion Pilze sammeln Home Page
Nov 19, 24 03:02 AM
Nov 18, 24 07:40 AM
Nov 17, 24 03:17 PM
Nov 17, 24 06:40 AM
Nov 17, 24 05:59 AM
Nov 16, 24 04:46 AM
Nov 13, 24 07:52 AM
Trockene Wälder, wochenlang kaum oder gar keine Pilze... Das muss nicht sein! Mit der vorzüglichen Pilzbrut von Hawlik hat das ein Ende. Wie wäre es zum Beispiel mit köstlichen Limonenpilzen?
Ausgefallene Pilzgerichte wie Kaffee mit Reishi, Steinpilze im Kichererbsen- und Kartoffelpürree, Sammel- und Gesundheitstipps und vieles mehr: Hier geht's zum genussvollen Stöbern in Wohlrabs Pilzreich
#Anzeige
#Anzeige
Besonders für Einsteiger in die faszinierende Morchelsuche geeignet!
#Anzeige
#Anzeige