Pilze sicher bestimmt: Würdigung eines unscheinbaren Pilzbüchleins
Das kleine, unscheinbare Büchlein liegt mir schon lange am Herzen. Es ist von Katharina Bickerich-Stoll (†). Die erste, mir vorliegende Auflage erschien 1980. Dank sorgfältigster Auswahl werden auf 144 Seiten jene Pilze beschrieben, die wir möglichst alle kennen sollten.
Es ist ein bemerkenswertes Buch in mancherlei Hinsicht.
Erstens passt es in jeden Rucksack und bietet sich für die Mitnahme beim Waldgang geradezu an.
Zweitens sind die von der Verfasserin selbst gemalten(!) Illustrationen bestechend naturgetreu.
Die Autorin erörtert dies auch: Die Bilder seien „nicht schematisiert“, sondern sie sollen „den typischen Charakter, `den Habitus` des dargestellten Pilzes, bringen, ohne dabei die wichtigsten Erkennungsmerkmale zu vernachlässigen“.
Bickerich-Stoll gibt dazu in ihrem kurzen Vorwort noch einen sehr persönlichen Hinweis:
«Die Bilder wurden nicht nur nach der Natur, sondern auch zum Teil direkt in der Natur gemalt. Ein Teil der Pilzbilder entstand nach Original-Aquarellen, die mein Vater, Ferdinand-Erdmann Stoll, schuf, der die Pilze liebte, kannte und im Laufe seines langen Lebens in größter Feinheit und Genauigkeit malte und beschrieb.
So danke ich meinem Vater für die Überlassung seiner Aquarelle und für die Unterweisung in der Pilzkunde, die ich seit meiner Kindheit von ihm empfing.»
Kein hochgestochenes Gelehrtenlatein, kein Werk, das im Elfenbeinturm der Wissenschaft geschrieben wurde. Alle Texte sind gut verständlich. Dies war auch das Ziel von Katharina Bickerich-Stoll: Ihr Büchlein sei „für die Hausfrau“ bestimmt, als „Begleiter im Walde“ sowie „für alle Kinder, denn sie haben ein gut ausgeprägtes visuelles Gedächtnis“.
Foto links: Diese handgeschriebenen Worte von Katharina Bickerich-Stoll in ihrem Buch Pilze sicher bestimmt halte ich in hohen Ehren: »Viel Erfolg beim Pilzstudium wünscht Katharina Bickerich-Stoll.«
Ich hatte die Autorin im Jahr 2011 freundlich gebeten, ihr Büchlein für mich doch bitte zu signieren. Da war sie bereits weit im 96. Lebensjahr. Ihr Wunsch ist mir Verpflichtung und Vermächtnis, das Buch mit ihrer eigenhändigen Niederschrift - ein sogenanntes Autograph - beinahe heilig.
Wer solch ein Pilzbuch vorlegt, sollte zumindest kurz vorgestellt werden.
Katharina Stoll wurde am 24. Juni 1915 in einer Lehrerfamilie in Riga geboren. Ihre Kindheit verbrachte sie in Lettland. Nach der Zwangsumsiedelung der Familie 1939 nach Deutschland studierte sie an der Staatlichen Hochschule für Kunsterziehung in Berlin (Staatsexamen 1943).
Ihr anschließendes Geschichtsstudium in Posen konnte sie aufgrund der Kriegswirren nicht beenden. Ihre vom Vater vermittelten Pilzkenntnisse brachten ihr eine Anstellung am Hygieneinstitut Potsdam ein (von 1954 bis 1983). Ihr Vater Ferdinand-Erdmann Stoll gilt den Letten bis heute als Pionier der Mykologie und Ornithologie des Baltikums.
Stolls Ehemann Günther Bickerich wurde als eines von neun Kindern am 21. September 1903 in einer Pfarrersfamilie in der Provinz Lissa in Polen geboren. Nach einer Gärtnerlehre studierte er in Heidelberg und Berlin Botanik.
Er war u. a. Lehrbeauftragter für Freilandpflanzenkunde an der Humboldt-Universität Berlin, und zwar speziell für Baumkunde. Am Buch Pilze sicher bestimmt haben Günther Bickerich und sein Zwillingsbruder Dr. Reinhard Bickerich mitgearbeitet.
Das Ehepaar Bickerich-Stoll führte in Bergholz-Rehbrücke bei Potsdam fast 30 Jahre Pilzberatungen durch, veranstaltete pilzkundliche Themenexkursionen und stand Ärzten und Patienten bei so mancher Pilzvergiftung bei. Günther Bickerich verstarb am 10. Dezember 1993. Katharina Bickerich-Stoll lebt, 96jährig, in Bergholz-Rehbrücke bei Potsdam.
Pilze sicher bestimmt mag kleinformatig und dünn sein und verblasst von den Jahren. Es mag keine Fadenheftung haben, was das Risiko sich herauslösender Seiten birgt. Doch wir lassen uns nicht täuschen: Mit diesem unscheinbaren Auftritt tarnt sich nichts anderes als ein Meisterwerk an Pilzratgeber.
Wir verneigen uns vor diesem Geheimtipp und hervorragenden Büchlein, das in keinem Haushalt fehlen sollte, mit der
Hinweis: Der als "hervorragender Speisepilz" beschriebene Grünling (S. 50) gilt seit 2001 als giftig bis tödlich giftig. Darüber hinaus steht er nach der Bundesartenschutzverordnung unter der strengsten Schutzstufe und ist unangetastet zu belassen.
Anmerkung †: Katharina Bickerich-Stoll verstarb am 16. Oktober 2015 im Alter von 100 Jahren in Bergholz-Rehbrücke bei Potsdam
Von "Pilze sicher bestimmt" zurück zu "Pilzbücher"
Zurück zu Passion Pilze sammeln Home Page
Nov 19, 24 03:02 AM
Nov 18, 24 07:40 AM
Nov 17, 24 03:17 PM
Nov 17, 24 06:40 AM
Nov 17, 24 05:59 AM
Nov 16, 24 04:46 AM
Nov 13, 24 07:52 AM
Trockene Wälder, wochenlang kaum oder gar keine Pilze... Das muss nicht sein! Mit der vorzüglichen Pilzbrut von Hawlik hat das ein Ende. Wie wäre es zum Beispiel mit köstlichen Limonenpilzen?
Ausgefallene Pilzgerichte wie Kaffee mit Reishi, Steinpilze im Kichererbsen- und Kartoffelpürree, Sammel- und Gesundheitstipps und vieles mehr: Hier geht's zum genussvollen Stöbern in Wohlrabs Pilzreich
#Anzeige
#Anzeige
Besonders für Einsteiger in die faszinierende Morchelsuche geeignet!
#Anzeige
#Anzeige