Pilzticker BaWue 295:
Funde vom 11.04.2021



Pilzticker BaWue 295




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Sehr lesenswert!

Enträtselung um abgebrochene Morcheln und  Spitzmorchel-Schulung II


Foto: Ein Morchel- und Kohlfund. Erst fand Thomas diese Spitzmorcheln, flankiert von Käppchenmorcheln (links) und Glatten Fingerhutverpeln (rechts), danach noch zwei schöne Rotkohlköpfe auf einem Kohlfeld. Ein Rehbrauner Dachpilz hat sich vorwitzig unter die vornehmere Pilzgesellschaft gemogelt. Gebettet hat sich die Sippschaft auf Bärlauch und Giersch. (8 Fotos © Thomas)

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Thomas schreibt am 11. April 2021:

"Hallo Heinz-Wilhelm,

heute war ich auf einer gut sechsstündigen Tour an vielen meiner bekannten Stellen in  verschiedenen Wäldern und Arealen unterwegs.

Begonnen habe ich in einem Auwald bei Karlsruhe, und zwar dort, wo ich vor einigen Wochen schon die ersten Morchelbecherlinge sammeln konnte. Aber weit und breit noch keine Spur von Speisemorcheln.

Entlang eines Grabens, in dem sich der Trockenheit wegen schon kein Wasser mehr befindet, sah es nicht anders aus. Nur Käppchenmorcheln und Fingerhutverpeln konnte ich hier finden. Aufgrund des Artenschutzes nahm ich aber nur gut ein Viertel davon mit, auch wenn sie durchaus noch ein paar Tage hätten wachsen können. Den jüngsten von drei Rehbraunen Dachpilzen nahm ich auch noch mit.

Aber auch Eschen werden es immer weniger. Entweder sie stürzen geschwächt um, oder sie werden großflächig gefällt. Gerade bei und um Karlsruhe fanden und finden derzeit so viele Eschenschlag-Maßnahmen statt - die Bürger sollen vor umstürzenden Bäumen geschützt werden - , dass man daran zweifelt, ob denn alles, was da so gefällt wird, wirklich sein muss.

Wie wichtig der Lebensraum Auwald doch ist, sieht man auch immer wieder an der Anzahl und Größe, die verschiedene Amphibien wie z.B. auch der Feuersalamander, erreichen können. Alleine heute konnte ich mehrere teils über 20cm große Tiere und Schwarze Schnegel, eine Nacktschneckenart, entdecken.

Als dann gegen 9 Uhr auch das menschliche Leben im Wald erwachte, konnte ich eine Beobachtung machen, die mich ein bisschen schmunzeln ließ und an das erinnerte, was Michael vor ein paar Tagen im Zusammenhang mit abgebrochenen Morcheln geschrieben hatte.

Ich sah eine vierköpfige Familie, alle mit den Blicken nach oben gerichtet, durch Bärlauch- und Buschwindröschenteppiche stapften. Ohne auf den Boden zu Blicken, galt ihr Augenmerk allein den Eschen.


2 Fotos: Links sehen wir eine Fingerhutverpel, wegen ihres glatten Hutes zum besseren Verständnis auch Glatte Fingerhutverpel genannt. Rechts eine Käppchenmorchel. Beide sind gute Speisepilze.

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Das Rätsel der abgebrochenen Morcheln scheint gelöst

Aber zu dem Phänomen der abgebrochenen Morcheln, was ich in manchen Jahren mit spätem Bodenfrost auch schon beobachten konnte, wie auch in diesem Jahr an einigen meiner Verpeln. Ich habe dazu eine Theorie.

Ich vermute, dass die teils heftigen Temperaturstürze bis unter den Gefrierpunkt im Wechsel mit den trocken warmen Tagen dafür verantwortlich sind. Die krassen Temperaturunterschiede verursachen vermutlich in dem Bereich direkt über dem Boden oder unter dem Hut ein Stabilitätsdefizit. So knicken sie bei der kleinsten Berührung oder einer Windböe schon ab.

Ich glaube, dass diese "Bruchstelle" von den Wetterverhältnissen ausgelöst wird, aber der Pilz (das Myzel) selbst diese erzeugt, um sich von einigen sporenreifen Fruchtkörpern zu trennen, damit der Pilz mit seiner vorhandenen Feuchtigkeit besser haushalten kann.

Damit mein Korb nicht allzu leer blieb, sammelte ich sowohl Blätter als auch die Knospen vom Bärlauch, frische junge Blätter vom Giersch und ein etwas von dem jungen, zarten Waldmeister. Ich liebe den Geruch und das Aroma des Waldmeisters, der mich immer an meinen Vater und meine Kindheit erinnert. Damals sammelten wir den Waldmeister in großen Mengen. Dr. Oetker Götterspeise: was ist denn das?

Was Pilzsammler noch so alles finden

Als ich auf dem Rückweg zum Auto entlang des Waldrandes an einem Feld vorbeilief, sah ich, dass dieses Feld gerade erst frisch umgegraben wurde und einige noch junge Rotkohlköpfe wieder auf der Erde lagen. Ganz wenige, wie auch die zwei, die ich mitnahm, waren unter der Erde wohl so gut geschützt, dass der Winter ihnen nicht geschadet hat. Im Gegenteil, nach Entfernen der äußeren welken Blätter wirkten sie frisch wie aus dem Supermarkt, nur eben etwas kleiner. Ob das Kraut leicht zäh ist, wird sich zeigen.

Foto: Auch die Feuersalamander sehnen in diesen Tagen die wohligen Sonnenstrahlen herbei.

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Anschließend wollte ich noch zwei Streuobstwiesen anfahren, aber zeitlich reichte es dann nur für die e.

Und da waren sie endlich. Die ersten noch ganz jungen Speisemorcheln, die aber den nächsten Regen unbedingt noch erleben müssen und deshalb vorerst noch stehen bleiben durften. Bleibt nur zu hoffen, dass die erwähnte Familie hier nicht auch durchstapft.

Dann fuhr ich nochmal in den nördlichen Schwarzwald zu meinen anderen Spitzmorchel-Plätzen. Normalerweise zeigen mir die holzfreien Flächen an meinem Holzlagerplatz, wann es an meinen Stellen im Nordschwarzwald losgeht. Da er aber in diesem Jahr voll liegt mit Holzstämmen, fehlt mir dieser Anhaltspunkt. Und siehe da, an den beiden weiteren Plätzen standen sie, gut versteckt, zur Abholung bereit.

Spitzmorchel-Schulung, Teil II

Somit kann die Spitzmorchel-Schulung, Teil II, beginnen.

Auf dem 1. diesbezüglichen Foto zeige ich eine meiner besten Spitzmorchelstellen, an der kurz zuvor noch viele schöne Spitzmorcheln standen. Das 2. Foto zeigt den gleichen Bereich von weiter hinten, wo auch die Nähe zum Huflattich erkennbar ist.

Denn neben den üblichen Kalkanzeigern wie z.B. Aronstab, Schlüsselblumen oder Scharbockskraut ist hier im Nordschwarzwald an warmen Seiten der Huflattich in Verbindung mit Säurezeigern wie Besenheide, Sauerampfer oder verschiedenen Farnen ein sehr guter Zeiger für potenzielle Standorte der Spitzmorchel.

Das 3. Foto zeigt einen Bereich der gezeigten Fundstelle, in dem gleich drei Morcheln zu finden sind. Sie tarnen sich so gut, als ob sie wüssten, welche Farben hinter ihnen und in ihrer Umgebung sind. Was aber auch die Graue Speisemorchel perfekt beherrscht. Auch auf dem 4. Foto entdeckt man die Spitzmorchel nicht gleich auf dem ersten Blick.

Wenn man aber nicht genau weiß, wo sie wachsen, ist es sehr schwer, sie zu finden. Alle meiner Stellen entdeckte ich eigentlich per Zufall, weil ich mal zur richtigen Zeit am richtigen Platz gesucht hatte und riesige ausgewachsene, teils schon überständige Exemplare vorfand, die eigentlich jedem hätten ins Auge fallen müssen. So weit lasse ich sie seither nie wieder wachsen.

Für die nächsten Tage wünsche ich uns allen endlich den ersehnten warmen Regen. Aber Anfang nächster Woche soll es ja den nächsten Temperatursturz geben.

Viele liebe Grüße, Thomas"

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Foto 1: Spitzmorchelplatz: Hier fand Thomas auch in diesem Jahr bereits viele schöne Spitzmorcheln.

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Foto 2: Der hier im Vordergrund zu sehende Huflattich ist - wie Spitzmorcheln - ein Sonnenliebhaber des zeitigen Frühjahrs. Er ist keine Pflanze, die, wie diese Pilzart, im sauren Bodenbereich wächst. Im Randbereich saurer Plätze kann er als Sonnenanbeter aber einen nahe liegenden Spitzmorchelplatz anzeigen.

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Foto 3: Hier verstecken sich 3 Spitzmorcheln wie so oft fast perfekt. Viele Waldgänger würden an ihnen achtlos vorübergehen, wenn sie nicht wüssten, welche köstlichen Pilze sich da verbergen.


Foto 4: Auch diese Spitzmorchel wäre nur schwer erkennbar, wäre sie noch etwas kleiner und noch nicht vom Sonnenlicht angekokelt.


Rastatt: Ein kleines Verpelchen Hoffnung auf Morcheln


Julia schreibt am 11. April 2021:

"Lieber Heinz-Wilhelm,

nach einem weiteren Suchgang nach meiner ersten Morchel habe ich gestern im Landkreis Rastatt tatsächlich eine Runzelverpel (Böhmische Verpel) gefunden.

Viele Grüße Julia"

(2 Fotos © Julia)

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2 Fotos: Das kleine Runzelverpelchen war alles, was Julia auf ihren bisherigen Morchelsuchgängen in die Hände fiel. Auf der richtigen Fährte ist sie allerdings: Böhmische Verpeln wachsen gerne als Begleiter der Spitzmorcheln bzw. auf ihren Plätzen. Schön ist, dass wir rechts beim Längsschnitt einmal den typisch gekammerten, wattig-hohlen Stiel dieser Pilzart sehen.

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