Der Schlehenroetling: Frühlingspilz
mit herrlich ausgefallenem Aroma



Der Blassbraune Schlehenroetling (Entoloma saepium) löst im Frühjahr den Maipilz (Calocybe gambosa) ab oder wächst zeitgleich mit ihm. Er ist stark an Schlehen (Schlehdorn, Schwarzdorn) gebunden, seltener an andere Rosengewächse (Rosaceae) wie Weißdorn oder Wildrosen als Sträucher oder an Pflaume, Apfel, Birne und Eberesche als Bäume.

Als ich diesen Pilz erstmals entdeckte, ahnte ich noch nicht, dass er sich mir als ausgesprochen wohlschmeckender Speisepilz anbot. Ich fand zunächst nur einige wenige Nester. Einen Teil der Ausbeute brachte ich dem Pilzsachverständigen Peter Rohland (Leipzig).

Einen besseren Fachmann konnte ich kaum finden, ist Rohland doch Spezialist für die Familie der Rötlingsartigen (Entolomaceae). Ohne Zuhilfenahme von Literatur identifizierte er die Pilze umgehend als Schlehenrötlinge, die korrekt Blassbraune Schlehenrötlinge heißen.


Foto: Blassbrauner Schlehen-Rötling: Seine Blätter sind zartrosa, die Hutfarbe ist schmutzig schwach graubraun. Oft wachsen sie, wie hier, in Büscheln. Der Pilz rechts in der Mitte ist unter Sonneneinwirkung felderig aufgesprungen. Diese Ansammlung wuchs typischerweise an einem üppigen Schlehenstrauch (Schwarzdorn), der zu den Rosengewächsen gehört.


So leicht ließ er mich aber nicht davonkommen, bat mich vielmehr, ihm einen Teil dieser "herrlich schmeckenden, leicht verdaulichen Pilze" (O-Ton Rohland) zum Sofortverzehr dazulassen. Er ging sogar noch weiter: "Mir schmecken sie viel besser als Maipilze."

Zur Ehrenrettung von Calocybe gambosa muss angemerkt werden, dass er eine ganz andere Geschmacksrichtung hat. Beide Pilze schmecken auf ihre Art herrlich.


Foto: Köstliche, feine Schlehenroetlinge: Diese hier habe ich am 21. Mai 2011 in "meinem" Schlehendickicht gefunden. Gut einen Tag nach dem ersten dürftigen Regen nach zehnwöchiger Trockenheit waren sie da. Die Pilze schmecken mit ihrem kräftigen, eigenwilligen Aroma sehr gut.




12 Kilogramm Pilze, aber nur ein Foto

Ich sollte es aber ab diesem Tag mit den Schlehenroetlingen so richtig zu tun bekommen: Knapp drei Wochen lang wuchsen sie auf mit Schlehen (ca. 10 Jahre alt) bepflanztem Kohleabraum in sagenhaftem Aufkommen nach: Tausende, abertausende dieser Pilze erblickten im leuchtenden Gras des dornigen Schlehenwaldes das Licht der Welt.

Und ich zerstach mir bei der mühseligen Ernte im Kriechgang Hände, Arme und Schultern.

Foto: Impression aus dem Pilz-Frühling: So sieht es aus, wenn Blassbraune Schlehenroetlinge ein Schlehendickicht bevölkern. Seit drei Jahren finde ich sie zuverlässig an gleicher Stelle. Das Rekordjahr war 2009: Da entdeckte ich einige hundert solcher Nester. 2011 wuchsen wieder mehr als im Jahr zuvor. Die Ernte ist allerdings beschwerlicher geworden, denn der Schwarzdorn-"Wald" wird von Jahr zu Jahr undurchdringlicher.


Meine Freude über letztlich 12 Kilogramm eingefrorener Pilze sollte aber noch stärker getrübt werden: Über 150 Fotos mit teils magischen Motiven waren, bis auf eines (s. oben) allesamt unscharf. Eine kleine Tragödie, denn auf manchen Bildern vermittelten hunderte wesenhaft anmutender Pilze fast den Eindruck, unsere Erde werde von Pilzen regiert...

Erst viel später erfuhr ich, dass zwischenzeitlich jemand meine Kamera fallen gelassen hatte, wobei die Entfernungsmessung zerstört worden war. Ich bin froh, dass die Pilze alljährlich treu fruktifizieren, so dass ich ihr Erscheinen dokumentieren kann.


Foto: Sie wachsen auch gerne büschelig. Drum herum stehen dann meist etliche Einzelexemplare. Rechts als unerlässlicher Begleiter ein Schlehenstock. Typisch ist - hier gut zu erkennen - der eben nur zu ahnende feinrosa Schimmer der Blätter. Schlehenrötlinge riechen mehlig. Und wenn sie den Hut aufgeschlagen haben, wie hier, sind sie keineswegs zu alt zum Verzehr.




Ich brate Rötlinge gerne gut durch

Ich brate meine Schlehenroetlinge in der Regel auf mittlerer Flamme sehr gut durch, so lange, bis sie ganz leicht angeröstet sind. Sie werden dann typischerweise ihrem Namen entsprechend wirklich rot. In der Küche verbreitet sich der typische Rötlingsgeruch. So werden sie auch schmecken...

Leicht salzen und pfeffern. In einem nur mit Butter bestrichenen Brötchen mit ein, zwei Scheiben frischer Zwiebeln oder Frühlingszwiebeln sind sie das herrlichstes Pausenbrot für unterwegs. Da sie kräftig schmecken, mache ich aus ihnen auch eine kräftige Pilzsuppe.

Achtung!

Unter den gut 250 in Europa bekannten Rötlingen gibt es nur drei(!) essbare Arten: Den hier vorgestellten Blassbraunen Schlehenroetling und seinen engsten Verwandten, den Schildroetling (Entoloma clypeatum, siehe die zwei nachfolgenden Bilder) sowie den Aprilrötling (Entoloma aprile).


Foto: Der Schildrötling sieht mit seinem Schmutziggrau Furcht erregend aus, ist aber ein wohlschmeckender Speisepilz. Charakteristisch im jungen Alter ist sein kegelig gewölbter Hut, der später ausgebreitet und gebuckelt ist.

Foto: Auch für Schildrötlinge sind die rosafarbenen Blätter typisch. Je jünger die Pilze, desto blasser sind sie. Eher selten ist diese fleischige, dickstielige Art. Zu beachten ist der charakteristische gebuckelte Hut des stehenden Pilzes in der Bildmitte. Ich fand einen stattlichen Trupp dieser Pilze am 8. Mai 2010 an einer allein stehenden Eberesche. Ebereschen gehören zu den Rosengewächsen. Genau an diese Rosaceae sind Rötlinge zwingend gebunden.


Alle anderen Rötlinge sind ungenießbar bis sehr giftig!

Besonders berüchtigt ist der sehr giftige Riesenrötling (Entoloma sinuatum), der allerdings erst im Spätsommer erscheint. Der hoch giftige Ziegelrote Risspilz oder Mairisspilz (Inocybe patouillardi), der zeitgleich mit den Frühjahrs-Rötlingen kommt, macht die Unterscheidung nicht leichter.

Deshalb gilt: Wer die essbaren Rötlinge nicht ganz genau kennt, sollte sich nicht an sie heranwagen oder unbedingt einen Pilzsachverständigen aufsuchen. Zu den Unterscheidungsmerkmalen ist die professionelle Dokumentation der Seite http://natur-in-nrw.com/HTML/Pilze/Agaricales/PA-245.html zu empfehlen. 


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