Wissenswertes vom Riesenbovist: Den Größenrekord halten die Tschechen mit 216 Zentimetern Umfang
An ihm kommt kaum ein Lokalredakteur vorbei: Mitten in der „Saure-Gurken-Zeit“, in den Sommerferien also, wenn es den Lokalzeitungen an Themen mangelt, prangen landauf, landab, Fotos aus den Lokalblättern, die einen oder mehrere Riesenboviste, meist mit Kindern als Maßstabsvergleich, zeigen.
Werden über andere Pilze gar nicht selten mykologische Halb-, Unwahrheiten oder Ungereimtheiten publiziert, so kennen sich Lokalredakteure mit dem Riesenbovist in aller Regel aus.
Obwohl nicht jeder weiß, dass dieser Pilz der mit Abstand größte und schwerste auf dem europäischen Kontinent ist und also sein Größenwachstum per se nichts Sensationelles ist. Das gilt dann doch mehr für die nachstehend aufgezählten Prachtburschen.
Foto links: Dr. Barbara Ditsch freut sich über prächtige Riesenboviste im Botanischen Garten der Bonner Universität. Dort können sie alljährlich von einem interessierten Publikum bestaunt werden. Damit die Besucher sie auch finden, werden sogar Wegweiser aufgestellt. Die Pilze wachsen, sofern die klimatischen und die Bodenverhältnisse stimmen, stets an gleicher Stelle wieder nach. Sie zeigen an, dass der Rasen stickstoffreich ist. Das Foto stammt von Prof. Dr. Wilhelm Barthlott, dem Direktor der Botanischen Gärten der Universität Bonn (Foto © Wilhelm Barthlott).
Wenn Du Riesenboviste finden willst, such nach Brennesseln!
Der Riesenbovist ist ein exzellenter Wundenheiler
Lange hielt der 2,12m-Riese aus Nordböhmen den Rekord
Das lange Zeit größte bekannte und seriös belegte Exemplar von einem Riesenbovist auf europäischem Boden wurde nach Svrčka und Vančury 1955 im tschechoslowakischen Nordböhmen gefunden. Demnach hatte der Pilz einen Umfang von 212 Zentimetern, wog 20,8 Kilogramm und war 15 Tage alt. Seine „Hüter“ hatten ihn beizeiten entdeckt und gut bewacht wachsen lassen.
Das Prachtexemplar wurde von den Bewohnern zweier Dörfer bei einem Volksfest gegrillt und gebraten und feuchtfröhlich verputzt. Im neueren „Atlas der Pilze“ von Ladislav Hagary (2001) wird ein Riesenbovist mit 216 Zentimetern Durchmesser aus dem Nachfolgeteilstaat Tschechien erwähnt.
Auch beim Riesenbovist wollen die Spanier Europameister sein
Glaubt man spanischen Berichten, so ist das aber noch gar nichts: dort soll ein 50 Kilo schwerer Riesenbovist auf einem Eselskarren in ein Dorf transportiert und unter großer musikalischer Begleitmusik nicht minder fröhlich verspeist worden sein.
Da jedoch weder über den Wachstumsort noch über das Erscheinungsjahr noch über seinen Umfang Angaben vorliegen, scheuen wir uns, ihn unserer kleinen inoffiziellen Rekordliste hinzuzufügen. Ein weiteres Prachtexemplar wurde 1987 aus Kanada gemeldet: bei einem Umfang von 264 Zentimetern soll dieser Pilz 22 Kilo gewogen haben.
Wissenswertes vom Riesenbovist: Er war das "Beamtenschnitzel"
Da ein
einziger Riesenbovist aufgrund seiner Größe einer vielköpfigen Familie
ein komplettes kostenloses Mahl liefern kann, nannte ihn der Volksmund
während des deutschen Kaisersreiches „Beamtenschnitzel“. Er hat einen
für Pilze sehr hohen Anteil an Eiweiß, nämlich von gut 50 Prozent. Und das ist
zudem sehr hochwertig. Solange die Gleba (Fruchtmasse) rein weiß ist,
kann der Pilz gegessen werden. Überständige (überreife) Pilze riechen
nach Harn und sind nicht mehr brauchbar.
Über ein gelbfarbiges
Zwischenstadium wird die Gleba zunehmend olivbraun – und zu einem
gigantischen Sporenschwamm: sage und schreibe sechs bis sieben Billionen
dieser Sporen krönen den Riesenbovist zum fruchtbarsten aller Pilze.
Die Sporenmasse war als Wundheilmittel jahrhundertelang hoch begehrt.
Diese Heilkraft war so stark und zuverlässig, dass sie dem Pilz den
lange gebäuchlichen Namen Boletus chirurgorum eintrug.
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